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Hohe Anforderungen an Neubauprojekte in Zug

Die Stadt Zug wächst und gedeiht. Angesichts der anhaltend starken Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeimmobilien stehen für die nächsten Jahre weitere grosse städtebauliche Projekte an. Doch die Bevölkerung ist skeptisch und selbstbewusst. Das stellt hohe Anforderung an Städteplaner, Bauherrschaften und Investoren.

Dr. phil. Werner Schaeppi, Creafactory AG

03. April 2020

Hätte die Zuger Bevölkerung drei Wünsche frei – sie wüsste wohl kaum etwas damit anzufangen. Weder möchte sie ein Kunsthaus am See noch einen Stadttunnel noch einen festen Anteil an günstigem Wohnraum in Neubauten noch überhaupt, dass sich ihre schöne Stadt allzu viel ändert. Auch das kürzlich an der Urne angenommene Hochhausreglement ist keineswegs als Freibrief in Richtung «kleines Manhattan» zu verstehen. Es legt, im Gegenteil, die Grenzen dieser Entwicklung fest.

Was schenkt man einem, der schon alles hat?

Die aufmerksame Skepsis, mit der die Zugerinnen und Zuger den Bauvorhaben der letzten und kommenden Jahre begegnen, verrät, dass der anhaltende Erfolg und das damit verbundene Wachstum nicht von jedermann als Chance und teilweise vielleicht noch nicht einmal als Vorteil empfunden wird.

Auf einer rationalen Ebene ist das zum einen aus dem Umstand zu erklären, dass viele Zugerinnen und Zuger subjektiv wenig oder gar nicht von der wirtschaftlichen Attraktivität profitieren. Die Steuervorteile vermögen oft bei weitem nicht die hohen Wohn- und Lebenskosten aufzuwiegen, und das starke Wachstum bringt naturgemäss auch die üblichen Begleiterscheinungen wie Mehrverkehr oder Druck auf die kommunale Infrastruktur. Vor allem aber scheint auch ein schleichender Identitätsverlust Sorge zu bereiten. Die Aussicht auf weitere Veränderung weckt Angst, Vertrautes zu verlieren. Die Stadt Zug ist längst kein Dorf mehr, doch die neuen urbanen Qualitäten scheinen in mancher Beziehung noch weit entfernt.

Zum anderen hat die Stadt Zug alles, was sie braucht. Neben wirtschaftlichem Erfolg bietet sie ein Umfeld von landschaftlicher Schönheit, eine malerische Altstadt, ein schweizweit vorbildliches Verhältnis von bebautem Boden zu Freiraum und Natur, eine gut beschäftigte, kaufkräftige, gesunde Bevölkerung, in der sich Menschen aus 120 Nationen wohlfühlen, und insgesamt eine Lebensqualität, die in nationalen und internationalen Vergleichsstudien immer wieder höchste Anerkennung findet.

Perspektiven, Mehrwert, Identität

Wenn künftig grössere Bauvorhaben in Zug, wie zum Beispiel die Entwicklung der Metalli, breite Akzeptanz finden und die demokratischen Hürden bestehen wollen, müssen die Entwickler der Bevölkerung echten Mehrwert bescheren. Einfach «mehr vom Gleichen» ist nicht genug. Es gilt, neue, zusätzliche Angebote und Attraktoren zu kreieren, die im Kontext der städtebaulichen Entwicklung nicht nur ökonomisch funktionieren, sondern darüber hinaus auch gesellschaftlichen oder etwa kulturellen Nutzen schaffen. Hier die richtigen Ideen und Ansätze zu finden, ist gewiss anspruchsvoll.

Potenzial ist zweifellos da: Auf der einen Seite die anhaltende Nachfrage und ein internationales Renommee, auf der anderen eine organisch gewachsene, hochwertige Substanz, gepaart mit Wirtschaftskraft und fachlicher und technischer Kompetenz der ortsansässigen Firmen. Entscheidend dürfte es aber sein, die Bevölkerung in den nächsten Jahren konstruktiv in den Prozess der Entwicklung einzubinden. Wenn sie sich eines Tages mit ihrer künftigen Stadt identifizieren soll, muss sie ihre Ideen, Wünsche und Bedürfnisse miteinbringen und die Transformation schrittweise nachvollziehen und mittragen können. So kann etwas entstehen, das einerseits Neues bietet, in dem sich die Zugerinnen und Zuger aber auch wiedererkennen und auf das sie am Ende stolz sind.

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